Interview mit Regisseur HÜSEYIN TABAK
Natürlich kommen auch ein Identitätsproblem und der Konflikt zwischen zwei Völkern, den sie nach Österreich mitgebracht haben, dazu.Dieser Konflikt zwischen Türken und Kurden, ist auch insofern ein interessanter Punkt, als er zeigt, dass die Flüchtlinge die Konflikte, die sie zur Flucht gezwungen haben, auch mitnehmen und ihre Geschichte keineswegs hinter sich lassen.
Hüseyin Tabak: Die Menschen bringen ja nicht nur die Koffer aus ihren Ländern mit, sondern
auch die eigene Kultur und Konflikte. Es gibt viele Scheidungen hier, viele Familien, die,
nachdem sie die Heimat hinter sich gelassen haben, hier dann auseinander brechen.
Die Kinder lehnen sich gegen ihre Eltern auf, weil sie vielleicht ihre Heimat nicht verlassen
wollten, weil sie in der Schule nun Außenseiter sind und hier meist das Gefühl kriegen,
unerwünscht zu sein. Doch wir Europäer stellen uns das einfach vor und wissen meistens
nicht, was für eine Geschichte hinter der Familie steckt.
Haben Sie sich für die Geschichten der Einwanderer von wahren
Begebenheiten inspirieren lassen?
Hüseyin Tabak: Natürlich gab es Fälle, die in den Medien sehr präsent waren. Als
Filmemacher nimmt man all dies und noch viel mehr wie ein Schwamm auf. Ich habe
die Idee fürs Buch über Monate in meinem Kopf herumgetragen, schließlich dann in
nur drei Nächten im November 2010 niedergeschrieben und dann weiter während den
Castings ausgearbeitet. Ich musste mir die Geschichte schnell von der Seele schreiben,
woher einzelne Einflüsse vielleicht kommen, weiß man dann nicht. Sechs Monate
später haben wir gedreht. Als wir die Abschiebung drehten, kam Abdulkadir zu mir
und erzählte, er hätte mit seiner Familie Ähnliches erlebt. Er erzählte, dass die Fremden-
polizei drei Jahre lang immer kurz vor Weihnachten bei ihnen aufgetaucht war, die
Wohnung auf den Kopf gestellt hat und sie mehrmals kurz vor der Abschiebung waren.
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